Einer der wichtigsten Punkte im Rahmen der Beziehungsdidaktik ist der Kontakt. Dadurch bekommen Menschen das Gefühl, gesehen und wahrgenommen zu werden. Das bildet die Grundlage für jede gute Zusammenarbeit auf zwischenmenschlicher Ebene. Wie gelingt es, während der Lehrveranstaltung Kontakt zu einzelnen Studierenden herzustellen?
Aus meiner jahrelangen Erfahrung kann ich berichten, dass ein Weg darin liegt, während der Durchführung von Gruppenarbeit gezielt das Gespräch zum Einzelnen zu suchen. Ich habe während meines Unterrichts im Hörsaal in Teams die Lösung zu einzelnen wissenschaftlichen Fragestellungen erarbeiten lassen. Ich habe bewusst auf eine Ausarbeitung von Lösungen im Selbststudium (außerhalb des Hörsaals) und ausschließliche Präsentation im Auditorium verzichtet. Das hat mir die Möglichkeit verschafft, bei jeder einzelnen Gruppe vorbeizuschauen und das Gespräch zu suchen. Die Studierenden fühlten sich gesehen und wahrgenommen. Insbesondere diejenigen, die sich (ggf. aus Schüchternheit) weniger vor dem großen Auditorium trauen, etwas zu sagen, konnten so Fragen stellen, mir hilfreiche Anmerkungen geben oder mir von etwaigen Herausforderungen berichten. Ganz nebenbei habe ich einen Eindruck davon erhalten, wie gut die Studierenden mit der Lösung der wissenschaftlichen Frage zurechtgekommen sind und wo die Stärken der und des Einzelnen liegen. Zwar ist es auch vereinzelt bei wenigen Studierenden auf Kritik gestoßen, dass die Lösungen nicht außerhalb des Hörsaals im Selbststudium erarbeitet und dafür freie Zeit von mir zur Verfügung gestellt wurde, aber mir war der Gewinn des Kontakts viel, viel wichtiger 😊 Und es hat sich ausgezahlt: Die Studierenden haben mich als menschlich, sympathisch, nahbar und auf Augenhöhe wahrgenommen. Unser Beziehungsverhältnis wurde gestärkt. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre, die dann auch auf das Auditorium im Großen übergeschwappt ist. Es haben sich viel mehr Studierende auch in der großen Runde aktiv am Unterricht beteiligt. Neben all diesen ganzen positiven Ergebnissen hat es auch den Umstand mit sich gebracht, dass ich nicht durchgängig frontal die Studierenden beschallt habe. Und es hat mich menschlich ungemein bereichert und mir große Freude bereitet 😊